17. Oktober 2012
Revision der Stromversorgungsverordnung
Die Handelskammer beider Basel befürwortet die Revision der StromVV unter der Voraussetzung einer Nachbesserung betreffend Termin der Marköffnung, Gewichtung der Kapitalbewirtschaftung und EU-Kompatibilität.
Zur Vernehmlassungsvorlage
Revision der Stromversorgungsverordnung: konferenzielle Anhörung
Ausgangslage
Die Revision der StromVV hat zum Ziel, die Verzinsung für das in Stromnetzen bereits gebundene und für kommende Netzinvestitionen benötigte Kapital neu zu regeln. Für die Wirtschaft ist unumstritten, dass Netzausbau und -umbau zentral für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit sind. Um solche Investitionen zu tätigen braucht es Anreize. In diesem Zuge muss aber die internationale Wettbewerbsfähigkeit weiterhin gewahrt bleiben.
Einzelheiten
Beurteilung der geplanten Revision der StromVV
Die Anpassung der Kapitalkosten (WACC), wie sie geplant ist, würde zu einer Erhöhung des Strompreises von 0.08 bis 1.7 Rp./kWh führen. Je nach Branche und dementsprechend dem Anteil des Energiebedarfs an den Produktionskosten kann dies von entscheidender Bedeutung sein. Als Produktionsfaktor muss Energie für Unternehmen nicht nur erschwinglich bleiben, sondern auch konkurrenzfähig zu beziehen sein. Dies gilt je mehr umso höher dieser Anteil an den Gesamtproduktionskosten ist.
Die Kapitalkosten/WACC stellen für Schweizer Unternehmen nur eines von mehreren Elementen der Kostenrechnung dar. Andere Faktoren, wie beispielsweise die Wahl der Kostenmethode, Effizienz- und Kostenanreize oder Planungssicherheit, spielen für den Wirtschaftsstandort Schweiz eine gewichtigere Rolle.
Die Bedeutung einer Erhöhung der Energiepreise ist insbesondere für energieintensive Betriebe zu berücksichtigen.
Anstatt einer detaillierten Beurteilung der Kapitalkosten/WACC müsste das Anliegen in einem gesamtwirtschaftlichen Kontext und in einer längerfristigen Perspektive gelöst werden.
Zur Erreichung des zweiten Punktes sehen wir unter folgenden Stichworten Handlungsbedarf bzw. Wege zur Zielerreichung.
Mehr Wettbewerb erforderlich
In einem funktionierenden Markt werden sowohl der Preis, wie auch die Kapitalkosten durch das Spiel zwischen Angebot und Nachfrage bestimmt. Stromübertragungsnetze sind Monopolnetze, bei denen keine Preisbildung über den Markt möglich ist, weshalb ein regulierter Preis zur Anwendung kommen muss. Zwischen verschiedenen Stromlieferanten (auf dem Netz) ist aber Wettbewerb möglich. Dieser Wettbewerb würde zu mehr Effizienz bei der Stromproduktion, einem verstärkten Konkurrenzverhältnis beim Vertrieb und zu einer besseren internationalen Einbindung des Strommarktes Schweiz führen.
Der Effekt einer Marktöffnung auf den Gesamtpreis ist deutlich grösser als der Effekt von Anpassungen der Kapitalkosten. Die Integration des Schweizer Strommarkts in den EU-Markt leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Versorgungssicherheit. Mit einer EUkompatiblen Marktöffnung werden Anreize für optimale Produktion, Speicherung und Verbrauch von Strom und die dazu erforderlichen Investitionen gesetzt.
Die Marktöffnung muss dringend vorangetrieben werden.
Die Liberalisierung des Strommarkts muss EU-kompatibel erfolgen.
Für Art. 4 StromVV besteht grundsätzlicher Revisionsbedarf
Gemäss Artikel 4 Absatz 1 der Stromversorgungsverordnung (StromVV) orientiert sich der Tarifanteil für die Energielieferung an Endverbraucher mit Grundversorgung an den Gestehungskosten einer effizienten Produktion und an langfristigen Bezugsverträgen des Verteilnetzbetreibers. Überschreiten die Gestehungskosten die Marktpreise, orientiert sich der Tarifanteil an den Marktpreisen.
Diese Regelung ist weder ökonomisch nachvollziehbar noch zweckmässig und sie führt aufgrund der Wahl des tieferen Werts aus Gestehungskosten und Marktpreis längerfristig zu Verlusten bei den Produzenten. Zu tiefe Preise sind nicht nachhaltig und führen dazu, dass Investitionen nicht mehr getätigt werden, was letztlich die Versorgungssicherheit gefährdet und im Endeffekt Mehrkosten verursacht. Marktpreise hingegen führen dazu, dass Anreize für Kostensenkungen geschaffen werden, was sich mittel- bis langfristig auszahlen wird.
Mit der vollständigen Marktöffnung (aber erst dann!) ist ein Übergang auf Marktpreise sinnvoll.
Eine grundsätzliche Anpassung der Kostenregulierung ist vorzunehmen, mit dem Ziel Marktpreise mit Anreizen zur Kosteneffizienz zu erreichen. Die Anpassung soll zeitgleich mit der Marktöffnung realisiert werden.
Der Satz „überschreiten die Gestehungskosten die Marktpreise, orientiert sich der Tarifanteil an den Marktpreisen“ kann bereits jetzt und vor der zweiten Marktöffnungsstufe aus Abs. 4 StromVV gestrichen werden, da diese Regelung den Wettbewerb behindert und praktisch nicht umsetzbar ist.
Durch die Streichung des Satzes wird die gegenwärtige Praxis der ElCom in die Verordnung überführt.
In der Übergangsphase bis zur vollständigen Öffnung des Marktes ist die gestehungskostenorientierte Tarifbildung beizubehalten.
Erforderliche Investitionen sind zu tätigen
Ausreichende Netzkapazitäten stellen eine Grundvoraussetzung für die Versorgungssicherheit dar. Die heutigen Netzinfrastrukturen sind teilweise veraltet und mit der Energiewende ist zu erwarten, dass Anpassungen in der Netzinfrastruktur erforderlich werden.
Gemäss Bericht des Bundesamtes für Energie über die zukünftigen Netzkosten ist mit Investitionen in der Grössenordnung von insgesamt etwa 18 Milliarden Franken zu rechnen. Hierzu wird die Aufnahme von grösseren Mengen an Fremdkapital erforderlich sein. Dies wird nur möglich sein, wenn das Kapital angemessen verzinst wird.
Der WACC stellt eine relevante Grösse als Investitionsanreiz für Netze dar und muss in einer Höhe festgelegt werden, welche eine ausreichende Bereitstellung von Investitionsmittel gewährt. Gleichzeitig muss aber auch sichergestellt werden, dass die Investitionen effizient sind und dort eingesetzt werden, wo der Handlungsbedarf am Dringlichsten ist. Wird der WACC zu hoch angesetzt sind ineffiziente Investitionen zu befürchten. Wird er zu tief angesetzt, kommen die Investitionen nicht zu Stande.
Die erforderlichen Netzinvestitionen müssen getätigt werden und die Investitionsanreize müssen ausreichend hoch sein, dass diese zu Stande kommen.
Verursachergerechte Tarifierung zu prüfen
Haushalte können jederzeit flexibel Strom beziehen, während die Industrie ihren Verbrauch vorankündigt und damit kalkulierbar macht. Es können dadurch also Kosten eingespart werden.
Zur Entlastung der Wirtschaft bei einer Erhöhung des WACC wird eine noch zu definierende neue Netz-Tarifierung zu suchen sein, welche ausgeglichene Lastprofile verstärkt belohnt („verursachergerechte Tarifierung“).
Downloads
Stellungnahme Revision der Stromversorgungsverordnung (StromVV)
Bereichsleiter Raumplanung, Energie & Umwelt
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